Velbert

Aus Velbert Wiki
Version vom 15. Oktober 2015, 19:02 Uhr von Elmar (Diskussion | Beiträge) (Die Siedlung Velbert)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Stadt Velbert liegt eine halbe Autostunde östlich von Düsseldorf zwischen den Städten Essen und Wuppertal im Bergischen Land.

Geschichte der Stadt Velbert

Landschaft und Mensch in Vor- und Frühzeit

Velbert liegt auf den nordwestlichen Ausläufern des rheinischen Schiefergebirges, dem runden, nord-südlich verlaufenden ostniederbergischen Bergrückens. Die Ge¬schichte des Bodens erzählt von alten Meeresablagerungen. Die wichtigsten Gesteine, die den Boden bilden, Schiefer, Tonschiefer, Sandstein und Quarzit, stammen vorwiegend aus der späten Devon- und Karbonzeit (etwa 350—230 000000 v. Chr.), dem „Erdaltertum". Die später entstandene Steinkohle findet sich erst nördlich des Bereiches im eigentlichen Ruhrgebiet. Während des Karbon faltete sich in einer mächtigen Süd-Nordbewegung der Boden, aus dem Meer stieg ein Gebirge empor, das von Spanien über Frankreich und Deutschland (hier als rheinisches Schiefer- und Mittelgebirge) bis nach Polen reichte. In Millionen von Jahren verwitterte dieser „Varistische Faltenzug", bis er sich kaum noch über die Ebene emporhob, um in der Tertiärzeit (etwa 40 000 000 v. Chr.) bei der Auffaltung unserer heutigen Hochgebirge abermals emporgehoben zu werden. Durch die doppelte Auffaltung lagern die einst horizontal geschichteten Gesteine nunmehr schräg und treten nebeneinander an die Oberfläche. Sehr schön ist diese Schichtung an freigesprengten Wänden einiger Steinbrüche bei Velbert zu erkennen. Geht die Verbreitung der Gesteine im Wesentlichen auf die Zeit der Varistischen Faltung zurück, so ist die Landschaftsbildung jüngeren Datums. Die Hauptformen entstanden während der zweiten Faltung im Tertiär; das Bild wird bestimmt durch die Abtragung und Verwitterung in der nachfolgenden Zeit, die, je nach Härte des Gesteins, hier mehr und dort weniger von den ursprünglichen Formen beließ. An unserer heutigen Landschaft formten Jahrmillionen, formten Einflüsse vulkanischer und klimatischer Natur, formten Sonne, Wind und Wasser, ehe noch der erste Mensch im Neandertal erschien. Das niederbergische Gebiet liegt im Übergangsklima, zwischen dem meeresnahen Nieder-rheinklima und dem mitteldeutschen Bergklima. Westliche Einflüsse, „Westwetter" mit vielen Schauern, ziemlich ausgeglichenen Temperaturen, schneearmen Wintern und zahlreichen Feuchtluft-Vorstößen herrschen vor. Die Ozeanischen Luftmassen, die ostwärts ziehenden Tiefdruckgebiete und die von Norden vordringende kalte Meeresluft stoßen auf ihrem Weg ins Innere des Kontinents am Velberter Höhenrücken erstmals auf Widerstand. Trotz der geringen Höhe von 220 bis 250 m wirkt er als Stau und verursacht einen Niederschlag, dessen Jahresdurchschnitt mit etwa 100 mm weit über dem Durchschnitt liegt. Infolge der reichen Niederschläge ist Velbert das Quellgebiet zahlreicher Gewässer, die sämtlich nach Norden, zur Ruhr hin, abfließen. (Die Wasserscheide zur Wupper liegt südlich von Neviges.) Das Regenwasser kann infolge des harten und undurchlässigen Gesteins- nicht gleichmäßig in den Boden eindringen und absickern. So treten häufig oberflächige Abspülungen auf. Das Wasser sammelt sich in vielen kleinen Höhlungen und tritt in Quellen zutage. Die Entwässerung erfolgt durch Deilbach, Hardenberger, Hesper und Vogelsang-Baih, Gewässer, die in dichtem Netz ein quellenreiches Gebiet mit zahlreichen kleinen Wasserspeichern durchziehen und den Wasserhaushalt regulieren. Die Beschaffenheit des Bodens wird gleichermaßen bestimmt durch Grundgestein und Klima wie durch die kuppen- und einschnittreiche Oberfläche des Velberter Gebietes. Fast alle Böden sind flachgründig, denn sie sind mehr oder minder geneigt. Die feineren Bodenbestandteile wurden ausgespült und zu Tal geschwemmt. Liegen blieben Gesteintrümmer, „Hoddel" oder „Hottensteine“, weniger auf den Höhen, mehr auf den abfallenden Flächen. So wurden hauptsächlich die steinärmeren Höhen kultiviert, während die Hänge mit Wald und Buschwerk bedeckt blieben. In den Tälern ist der Boden durch die angeschwemmten tonigen Teile besonders zäh. Doch wechselt die Beschaffenheit oft sehr plötzlich, da durch die mehrfache Faltung des Grundes die verschiedenartigen Gesteine dicht nebeneinander liegen. Tragen die Höhen karge Äcker, die Flanken der Hügel Buschwald, so finden sich in den feuchten Tälern vorwiegend saure Wiesen. Der landwirtschaftliche Ertragswert des Velberter Bodens ist deshalb nur gering. Ursprünglich war der niederbergische Raum mit dichtem Wald bedeckt. Nur geringe Reste sind erhalten geblieben, und anstelle des alten Hochwaldes hat sich Buschwerk ausgebreitet Vorherrschend ist die Buche, hinter der die Eiche, die einstmals das Gesicht der Wälder bestimmte, fast gänzlich zurückgetreten ist. Die Eiche ist nicht aus klimatischen Gründen verschwunden. Aus wirtschaftlichen Erwägungen wurde ihr die schnellwachsende Buche vorgezogen. Die landschaftliche Armut des Gebietes, auf dem heute Velbert steht, sollte jedoch gleichzeitig Voraussetzung für das industrielle Aufblühen zu einer späteren Zeit sein.

Im Deutschen Schloss- und Beschläge-Museum befindet sich als einziges Zeichen früher Menschheitsspuren ein Steinbeil, wie es tausendfach von Süddeutschland bis Frankreich gefunden wurde. Aber angesichts dieses Werkzeugs taucht die Frage auf: War der Velberter Raum in jenen ersten Tagen der Menschheit schon besiedelt? Diese Frage liegt umso näher, als im benachbarten Neandertal die bekannten Funde der nach ihrem Fundort benannten Menschheitsstufe gemacht wurden. Der „homo neanderthalensis " war knapp mittelgroß, plump und gedrungen, besaß eine niedrige, fliehende Stirn, dicke Augenwülste und schweren Unterkiefer mit kaum ange-deutetem Kinn. Dass wir ihn nicht als Ahnherrn zu betrachten haben, ergibt sich aus ver-schiedenen Funden, vor allem aus den Werkzeugen: Benutzte der Neandertaler als Hauptwerkzeug den „Faustkeil", einen grob behauenen Steinkern, so erschien bereits gleichzeitig eine andere Gruppe, die sich vorwiegend der Feuersteinklingen und solcher Spitzen bediente, die statt des Kernkeils die splitternden Abschläge der Steine benutzte. Gegenüber den „Faustkeilleuten" waren die Träger der „Klingen-" oder „Abschlagkultur" schon einen Schritt weiter in der Entwicklung. Sie lebten hauptsächlich in Deutschland östlich des Rheines und sind wohl die Ahnherren der Cro-Magnon-Rasse, die den in Westeuropa vorwiegend in Frankreich beheimateten Neandertaler später verdrängte, wenn er nicht unter den harten Lebensbedingungen der letzten Eiszeit von selbst in Europa ausstarb.

Aus der Steinzeit sind Siedlungsreste im niederbergischen Raum nicht gefunden worden. Zwar drang ein nach seiner Gefäßverzierung (Bandkeramiker) benanntes Volk von Süden her durch die Rheinebene vor, siedelte aber nur auf fruchtbaren Lößflächen, die Ackerbau ermöglichten. Auch die aus dem Oberrheingebiet nachfolgenden „Michelsberger Leute" suchten ihre Wohnplätze entlang des Rheines, wie zahlreiche Bodenfunde, besonders die charakteristischen, tulpenförmigen Becher, beweisen. Dagegen fanden sich die ihrem Kulturkreis zugehörigen spitznackigen Steinbeile weiter verstreut auch zwischen Ruhr und Wupper, darunter das in Velbert gefundene Steinbeil, das aus der Zeit um 2000 v. Chr. stammt. Daraus geht hervor, dass die „Michelsberger" von ihren festen Siedlungen aus Jagdzüge auch in den bergischen Raum unternahmen; bei solchen Streifen gingen Steinbeile wie das Velberter verloren. Fuß gefasst haben sie jedoch im Gebiet des späteren Velberts nicht. Bis weit in das erste nachchristliche Jahrtausend hinein bleibt das Velberter Gebiet mit seinem urwaldartigen Charakter ohne Anziehungskraft für Siedler. Auch aus der Bronze- und Eisenzeit ist kein Fund zu verzeichnen, der auf menschliche Behausungen schließen ließe. Wohl flohen die Sigambrer von ihren festen Plätzen am Rhein vor den anrückenden Legionen Caesars in die bergischen Wälder, betrachteten aber, obwohl die Römer sie dorthin nicht verfolgten, dieses unzugängliche -Bergland nur als vorübergehende Zuflucht- Stätte. Bis zur fränkischen Zeit bleibt die Rheinebene Siedlungsland, Entwicklungsgebiet und Sammelbecken der Kulturen; die großen Völkerbewegungen, die kriegerischen Auseinandersetzungen spielen sich dort ab; Rheintal und. Hellweg sind die Verbindungsachsen im Völkeraustausch. Erst im 7. nachchristlichen Jahrhundert beginnen, vom Rhein her vorstoßend, die „Fränkischen Rodungen" auch auf das Velberter Land überzugreifen.

Die Siedlung Velbert

Eine wichtige Quelle der Geschichtsforschung ist die Namenskunde. Der Name dieser Stadt erscheint zuerst 875 in der Form „Velbrathi" in der Anlage zu einer Urkunde des Erzbischofs Willibert von Köln, die den der Kirche in Werden zinspflichtigen Bezirk festlegte. Weitere Abwandlungen des Namens sind 1150 „Velbrethe", 1265 „Vetorechte", 1372 „Velbergh", 1484 „Vetoreit", 1560 „Vetorecht". Der Name ist anschaulich genug. Er verdankt seine Entstehung dem ersten Eindruck, den der von Werden heraufkommende von der kleinen Siedlung gewann. Hell leuchteten die Felder aus dem grünen Gewoge des riesigen Waneswaldes, der sich bis Duisburg erstreckte. So bezeichnete man den Ort als „das frisch umbrochene, hell leuchtende Feld". Die Frage, ob Velbert eine germanische Siedlung war, wurde bereits ausgeschlossen, obwohl kein Geringerer als der bedeutende Sprachforscher Prof. Dr. Uhlenbeck, ein Nachkomme des altvelberter Geschlechtes, glaubt, sie bejahen zu dürfen. Er vertritt die Meinung, dass an der Stelle des Offers in heidnischer Zeit eine germanische Kultstätte gestanden habe. Nach der Theorie von Uhlenbeck und Dr. de Bruyn soll hier ein Lichtberg gewesen sein, der zu einem kultischen System heiliger Linien gehört habe. Uhlenbeck glaubt, der hl. Suitbertus (gest. 717), Apostel des Bergischen Landes und Gründer des Stiftes Kaiserswerth, habe an der Stelle dieses alten germanischen Kultplatzes eine Kirche gestiftet, die Kapelle der hl. Ida, die bereits um das Jahr 1050 erwähnt wird. Belege für diese Gründung sind freilich nicht vorhanden. Das einzige, was die Annahme Uhlenbecks stützen könnte, wäre die Tatsache, dass ein so stattliches Gotteshaus mit „Kapelle" bezeichnet wurde, denn das Bauwerk besaß die Abmessungen der späteren alten ev. Kirche. Diese Bezeichnung „Kapelle" müsste also auf die von Suitbertus gestiftete Kirche zurückgehen und übernommen worden sein. Eine andere Annahme scheint diese Hypothese zu stützen: Dicht bei Heiligenhaus liegt das Gut Dörrenhaus. Nach Frima sollen Örtlichkeiten wie Doom, Appeldoom usw. nach germanischen Toren benannt worden sein. Demnach läge die Vermutung nahe, dass Dörrenhaus gleichzusetzen sei mit Torenhaus. Nun zeigt die Hausmarke auf dem vor dem Offers stehenden Grabstein des 1607 verstorbenen Ludger Offerhaus ein solches Tor, einem Hausgiebel ähnlich, der gekrönt ist von einer 4, einem Sonnenzeichen. Die drei Punkte in dem Tor seien ein Mannssymbol, mein Uhlenbeck. Das deute auf einen Lichtberg oder auf die Feuer, die beim Jahreszeitenwechsel abgebrannt wurden. Nach der Uhlenbeck-de Bruynschen Theorie waren also Offers und Dörrenhaus Lichtberge innerhalb des kultischen Systems heiliger Linien. Inwieweit das ganze eine Hypothese, ist schwerlich zu entscheiden.

Für die Betrachtung der Geschichte der allmählichen Besiedlung des Gebietes ist das Bild der Landschaft wesentlich. Freie Grünflächen, wie etwa an der Ruhr bei Öfte, verlockten zur Sesshaftmachung, während die waldbestandenen Höhen erst erobert werden mussten. Das heutige Ruhrgebiet war um die Zeitenwende ein Urwald. Flur- und Hofnamen wie Horst, Bockhorst, Hixholz, Klüppelholz, Langenhorst und die vielen mit „Busch" zusammengesetzten Namen erinnern an den heute verschwundenen Wald. Im weiten Gebiet zwischen Ruhr und Lippe, einem Raum von rund 2 300 qkm, lebten damals noch nicht 25 000 Menschen. Diese Angehörigen germanischer Stämme waren keine Nomaden mehr, aber auch noch nicht sesshafte Bauern, obwohl sie bereits Weizen, Gerste und eine Flachsart anbauten und Viehzucht trieben. Sie hielten sich nur über wenige Generationen an einem Platze auf, um sich dann wieder nach günstigeren Lebensbedingungen umzusehen. Meist lebten sie in den Niederungen entlang der Flüsse. Für die Bewohner frühchristlicher Zeit gilt noch, was Tacitus berichtet: „Dass die germanischen Völker keine Städte bewohnen, ja, dass nicht einmal zusammenhängende Wohnsitze bestehen, ist allbekannt. Einsam und abgesondert siedeln sie sich an, wo gerade ein Quell, eine Au, ein Gehölz einlädt. Ihre Dörfer bestehen nicht wie die unseren aus zusammenhängenden Häuserreihen. Alle umgeben ihre Häuser rings mit einem freien Platz, entweder zum Schutz gegen Feuersgefahr, oder vielleicht weil sie es überhaupt nicht besser verstehen." Erst etwa im 7. nachchristlichen Jahrhundert wurde unsere Heimat in das Siedlungsgebiet einbezogen. Nun waren damals für die Wahl einer Niederlassung nicht nur praktische Erwägungen maßgebend, der Wunsch, inmitten eigener Felder zu hausen, sondern auch der starke Selbständigkeits- und Freiheitsdrang,, der Wille, von den Nachbarstämmen getrennt zu leben. Dafür Anden wir auch in unserer engsten Heimat Beweise, heute freilich nur noch in Namen, die an frühere Verteidigungsanlagen erinnern: Namen wie „An" und „In der Lantert", in Nachbarorten „Laffert" u. ä., die auf die alten Landwehren zurückzuführen sind, Grenzbefestigungen, die einen Germanenstamm vom anderen schieden. Fahne, der berühmte Genealoge, der auch kurze Zeit in Velbert Friedensrichter war, hat sie selbst noch vermessen und beschrieben, freilich in der irrtümlichen Meinung, es handele sich um einen Teil des römischen Limes. Nun ist der Romanisierungsversuch, der von der Basis Xanten aus kurz nach Christi Geburt unternommen wurde, im rechtsrheinischen Gebiet völlig gescheitert, zumal die Römer das unwegsame Bergische Land scheuten. Die Landwehren haben also nichts mit den Römern zu tun; sie erinnern vielmehr daran, dass wir uns in einem Grenzland befinden. Hier berührten sich, als sich die germanischen Stämme zu größeren Bünden zusammenschlossen, die Gebiete der Sachsen und der Franken. Diese beiden großen Volksgruppen befehdeten sich heftig und die Landwehren dienten den Franken als Verteidigungslinie. Zwei Landwehren zogen sich zwischen Ruhr und Wupper hin. Die eine führte von Werden aus durch die Roßdelle nach Velbert, wo sie sich in zwei Arme teilte. Ein Teil zog sich über „große Höhe“ — Eldikum bis nach Asbruch hin. Diese Landwehr hatte bis Tönisheide Schlagbäume und einen Wachtturm, bei Eldikum zwei Schanzen und am Asbruch eine weitere. Besonders wichtige strategische Punkte waren stark ausgebaut, so in Werden, dann vermutlich bei Abtsküche und in Hardenberg auf der Bergkuppe zwischen Tönisheide und Neviges. Wie aus dem Hardenberger Wachtturm vermutlich das Schloß der Grafen von Harden* berg entstand, so aus dem Stützpunkt bei Abtsküche das Schloss Hetterscheid.

Fahne hat den Rest der Landwehren in den 60 er Jahren genau untersucht und schildert sie als eine Art von Schützengräben, fortlaufende hohe Erdwälle, meist drei, an besonders wichtigen Stellen sogar fünf hintereinander liegend und durch Gräben getrennt. Die Wälle waren dem Gelände geschickt angepasst und ermöglichten eine wirksame Verteidigung. An wichtigen Punkten erhoben sich Wallburgen, ursprünglich Erdbefestigungen, die erst später durch Verwendung von Steinen dauerhaft gemacht wurden. Eine derartige Burg, eine Fliehburg zur Aufnahme der Bevölkerung und deren wertvollster Habe, stand auf dem Pastoratsberg bei Werden neben einer kleineren Herrenburg. Von den Landwehren sind heute kaum noch Spuren vorhanden. Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz vergab als Herzog von Berg viele Teile als Bau- und Gartenplätze in Erbpacht, um sich neue Geldquellen für seine kostspieligen künstlerischen Ambitionen zu eröffnen. So finden sich von 1704 an Akten, die die allmähliche Abtragung von Wällen und Gräben erkennen lassen. 1706 berichtete der Kellner (leitender Beamter des Amtes Angermund) an die Hofkammer, daß eine Landwehr neben der Straße von Elberfeld nach Holland liege und die Straße besser unterhalten werden könne, wenn an die Stelle der Landwehr Häuser träten. Die Bittsteller, die auf diese Plätze reflektierten, wollten jeder jährlich einen Gulden zahlen, und, wenn dem Gesuch entsprochen würde, fänden sich bald mehrere Bewerber, so dass auf diese Weise Heiligenhaus in kurzem zu einem ansehnlichen Flecken erhoben werden könne. Das ganze 18. Jahrhundert hindurch wurde die Heiligenhauser Landwehr eingeebnet und brachte so dem Kurfürsten jährlich 13 Goldgulden. Der Rest der alten Befestigungen verschwand dann bei Arbeiten für den Straßenbau. Geblieben von den Landwehren ist nur eine Erinnerung in wenigen Ortsbezeichnungen. Und doch bezeichneten jene Wälle die noch heute bestehende Stammesgrenze zwischen Franken und Sachsen, zwischen Berg und Mark, zwischen Rheinland und Westfalen. Der Deilbach ist die Grenzlinie. Hier verläuft auch die Sprachgrenze, die „Urdinger Linie", die Elberfeld von Barmen, Neviges von Langenberg trennt. Der Deilbach besaß auch über die Sprachgrenze hinaus Bedeutung. Wer sich im Märkischen vor den Aushebern Friedrichs des Großen retten wollte, tat einen Sprung über den Bach und war seiner Freiheit gewiss.

Wenden wir uns nun wieder Velbert und seiner allmählichen Besiedlung zu. Wir können uns, wenn auch die Zahl der vorhandenen Urkunden gering ist, doch ein Bild von dem Umsichgreifen des Bauerntums machen, das die Eichen- und Buchenwaldungen in fruchtbare Felder verwandelte. Die Erinnerung ist in alten Flurnamen, die auf die Rodungstätigkeit zurückgehen, lebendig. Wülfrath, die Rodung des Wolf, Rodberg und Rottberg, am Röttgen, Rolland, Brangenberg. Die Lagerbücher der Werdener Äbte und der Kellnerei Angermund verraten, dass am meisten Hafer, Gerste und Roggen angebaut wurden. Die noch reichlich vorhandenen Waldungen boten beste Gelegenheit für die Schweinemast, die z. B. die Herren von der Horst im Hefel oder, wie es früher hieß, Heffttail, gegen Entgelt gestatteten. Eine alte Ansicht von Werden erinnert daran, wie sehr die Schweinemast im Schwung war, auch die übrige Viehzucht gedieh, und bei der Abgabe der sog. Kurmede, auf die wir noch zurückkommen werden, spielte die beste Kuh oder auch das beste Pferd eine große Rolle. Neben Getreide wurde auch Flachs angebaut, um das Leinen zu gewinnen; dafür sprechen die Eintragungen in Vehlaus Verrechnungsbüchern, die importiertes Leinen kaum aufführen. Auch Schafzucht wurde in großem Umfang betrieben,- manche Hof- und Flurnamen, wie Schafhaus, Schopshof, Schopperfeld erinnern daran. Die regelmäßigen Abgaben von Wachs an das Werdener Kloster sind ein Beweis für die Bienenzucht jener Zeit. Als Unterlagen für die allmähliche Besiedlung Velberts dienen die Werdener Wirtschaftsakten, von 1604 an die Steuerbücher von Angermund. Letztere verzeichnen eine besondere Rodungssteuer, den Rottzehnten. Ein ungefähres Bild der Entwicklung Velberts lässt sich so gewinnen, zumal die Werdener Mönche es mit ihren Abgabe-Eintragungen recht genau nahmen und keinen Siedler bei der Eintragung der Steuern vergaßen. Im Jahre 1000 stellen wir inmitten des ausgedehnten Waldgebietes fünf Siedlungskerne fest: Velbert selbst, im Nordosten Ostum (lange Zeit eine Ortsbezeichnung wie Velbert), die Ulenbeek, Nordenscheid und zwei Höfe, die zunächst nur nach den Inhabern genannt werden, später Elsengut und Hennesgut, „dat guit dar Hannes op wohnt". Aus diesen beiden Höfen entstehen dann Grünhaus und Hanshaus. Dieser Teil der Siedlung wächst durch Hinzukommen von Bockhorst, Ditzhaus und Bleek. In der Nähe von Nordenscheid siedeln sich die großen Höfe Birt und Wordenbeck an. Zwischen 1400 und 1500 wächst dieser Teil nur unerheblich. Der nordöstliche Teil des Velberter Gebietes wird nach 1600 erschlossen. Besonders interessiert hier die Siedlung Ostum, weil der Name heute fast unbekannt geworden ist. Die alte Bezeichnung ist Osthem, Ostheim, wie für Sontum Sonthem. Aus dem ursprünglichen Hof wurden deren zwei, die um 1700 besondere Namen trugen: Muschengut und Nehsengut. Der Name Muschengut und Muschenhaus ist auf einen urkundlich erwähnten Gobelinus Musche zurückzuführen, dessen Familie das Gut zufiel. Nehsengut kommt von dem alten Vornamen Nehse. Diese beiden Güter werden als zu Osthem gelegen aufgeführt. Aus dem Nehsengut wird dann unter Änderung des Namens der Hof zu Bachten, aus dem Muschengut das Bovegut, die Höfe zu Boven und zu Bey oder Bie. Daraus entwickelte sich der Name Bieerhöfe.

Bauern und Herren

Das neue Velbert

Die Entfaltung der Stadt

Städtezusammenführung